====== Konsensgruppe Finanzausgleich ====== ===== Kontakt ===== * DI (FH) Markus Kienast * mark@germs.at * +43 699 18084401 ===== Problembeschreibung und Zielsetzung ===== Es ist längst nicht mehr vertretbar, dass die Ballungszentren mehr Geld pro Kopf erhalten, wo doch Dinge wie der öffentliche Verkehr ohnehin gesondert abgegolten werden. Diese Regelung, die ursprünglich dem schnellen Wiederaufbau zerbombter Städte diente, ist heute nicht mehr vertretbar und widerspricht unserer Ansicht nach dem Gleichheitsgrundsatz der österreichischen Bundesverfassung. Aber auch generell entspricht der aktuelle Verteilungsschlüssel nicht mehr der heutigen Lebensrealität. Erhöhte Mobilität im Berufs- und Privatleben, wie auch eine positive Entwicklung des Wohlstands in den letzten 100 Jahren, wie auch die EU-Mitgliedschaft haben dazu geführt, dass die Österreicher heute zunehmend mehrere Lebensmittelpunkte haben. Im Finanzausgleich müssen endlich auch gemeldete Nebenwohnsitze Berücksichtigung finden, denn speziell vor dem Hintergrund des Wiener Parkpickerls, das jetzt sogar auf alle Bezirke ausgeweitet wird, kommt es zunehmend zu Hauptwohnsitzverlegungen in die Bundeshauptstadt, auch wenn der wahre Lebensmittelpunkt weiter in NÖ verbleibt. ===== Gesetzesgrundlage ===== * [[https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10000138|Bundes-Verfassungsgesetz]] > Artikel 115 Abs. 3 > (3) Der Österreichische Gemeindebund und der Österreichische Städtebund sind berufen, die Interessen der Gemeinden zu vertreten. * [[https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20009764|Bundesrecht konsolidiert: Gesamte Rechtsvorschrift für Finanzausgleichsgesetz 2017, Fassung vom 24.05.2021]] "Der Finanzausgleich regelt die fnanziellen Beziehungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. In Österreich beruhen die Regelungen zum Finanzausgleich auf einer vorgegebenen Kompetenz– und Aufgabenverteilung im Bundes–Verfassungsgesetz (B–VG) und im Finanz–Verfassungsgesetz 1948 (F–VG 1948). Sie umfassen im Wesentlichen die Verteilung der öfentlichen Abgabenerträge auf die verschiedenen Gebietskörperschafen und Maßnahmen zum Ausgleich der Finanzausstatung. Die Bestmmungen werden im jeweils für mehrere Jahre geltenden Finanzausgleichsgesetz konkretsiert. Darin werden die Erträge aus bestmmten Abgaben zwischen den Gebietskörperschafen aufgeteilt. Das zur Zeit der Gebarungsüberprüfung geltende Finanzausgleichsgesetz 2017 (FAG 2017) regelt den Finanzausgleich für die Jahre 2017 bis 2021. Der Inhalt dieses Bundesgesetzes beruht auf dem Ergebnis von Verhandlungen zwischen den Finanzausgleichspartnern, das sind der Bund, die Länder sowie die Gemeinden, letztere vertreten durch den Österreichischen Gemeindebund und den Österreichischen Städtebund. Das Verhandlungsergebnis wird als Paktum über den Finanzausgleich bezeichnet." ((https://www.rechnungshof.gv.at/rh/home/home/Reformprojekte_Finanzausgleich.pdf)) ==== § 10 Abs. 8 ==== (8) Der abgestufte Bevölkerungsschlüssel wird folgendermaßen gebildet: Die ermittelte Volkszahl der Gemeinden wird * bei Gemeinden mit höchstens 10 000 Einwohnern mit 1 41/67, * bei Gemeinden mit 10 001 bis 20 000 Einwohnern mit 1 2/3, * bei Gemeinden mit 20 001 bis 50 000 Einwohnern und * bei Städten mit eigenem Statut mit höchstens 50 000 Einwohnern mit 2 * und bei Gemeinden mit über 50 000 Einwohnern und der Stadt Wien mit 2 1/3 vervielfacht. Zu diesen Beträgen wird bei Gemeinden, deren Einwohnerzahl im Bereich von 9 000 bis 10 000, von 18 000 bis 20 000 oder von 45 000 bis 50 000 liegt, bei Städten mit eigenem Statut jedoch nur bei solchen, deren Einwohnerzahl im Bereich von 45 000 bis 50 000 liegt, ein weiterer Betrag dazugezählt. Dieser beträgt bei Gemeinden bis 10 000 Einwohnern 110/201, bei den anderen Gemeinden 3 1/3 vervielfacht mit der Zahl, mit der die Einwohnerzahl die untere Bereichsgrenze übersteigt. Die länderweise Zusammenzählung der so ermittelten Gemeindezahlen ergibt die abgestuften Bevölkerungszahlen der Länder. ===== Studien im Auftrag des Finanzministeriums ===== Die folgenden Studien wurden vom Bundesministerium für Finanzen zur Vorbereitung der Gespräche über eine grundlegende Reform des Finanzausgleichs in Auftrag gegeben. * [[https://www.bmf.gv.at/dam/jcr:db366260-ff1e-406f-88d4-7ed71e29e81f/Verstaerkte_Aufgabenorientierung.pdf|IHS – Institut für Höhere Studien (u.a.): Verstärkte Aufgabenorientierung (PDF, 1 MB)]] * [[https://www.bmf.gv.at/dam/jcr:5acff3a5-345b-440b-8591-e921d81e00c4/Gemeindestruktur_und_Gemeindekooperation(1).pdf|WIFO – Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung (u.a.): Gemeindestruktur und Gemeindekooperation (PDF, 1 MB)]] * [[https://www.bmf.gv.at/dam/jcr:bff4878d-97b5-440c-a793-4a827e18eace/Transfers_und_Kostentragung.pdf|KDZ – Zentrum für Verwaltungsforschung (u.a.): Transfers und Kostentragung (PDF, 1 MB)]] * [[https://www.bmf.gv.at/dam/jcr:169de6b0-b746-457d-85b5-93f568c34e34/Reformoptionen_und_Reformstrategien.pdf|Technische Universität Wien (u.a.): Reformoptionen und Reformstrategien (PDF, 297 KB)]] * [[https://www.bmf.gv.at/dam/jcr:c2ec634a-312a-45e2-a415-834dcfacdd7d/Achatz_Abgabenautonomie.pdf|Achatz: Zur Stärkung der Abgabenautonomie subnationaler Gebietskörperschaften (der Länder) (PDF, 1 MB)]] * [[https://www.bmf.gv.at/dam/jcr:6b68a067-6e3e-4f92-a234-44b305e3acda/EcoAustria_(2014)_BMF_FAG_Regional_Endbericht.pdf|EcoAustria: Förderung strukturschwacher Gemeinden im Rahmen des Finanzausgleichs (PDF, 1 MB)]] > Dabei zeigt sich, dass das Modell des österreichischen Finanzausgleichs - bei einem hohen Komplexitätsgrad, einer im internationalen Vergleich niedrigen Aufgabenorientierung und vernachlässigbarer fiskalischer Äquivalenz – zwar umfassende Ausgleichs- und Umverteilungselemente beinhaltet, diese im Hinblick auf den Zielkonflikt zwischen Gleichheit und Effizienz auch ökonomisch problematisiert werden können, dass jedoch das österreichische Modell wenig Korrektur- und Ausgleichsmechanismen im Hinblick auf die spezifische Problematik des sozio-demografischen Strukturwandels bzw. Strukturschwäche ländlich- peripherer Kleinräume bietet. * [[https://www.bmf.gv.at/dam/jcr:fe9ff618-ee13-4c55-b4f3-841b60a1342e/EcoAustria_(2014)_BMF_FAG_Abgabenhoheit_Endbericht.pdf|EcoAustria: Abgabenhoheit auf Länder- und Gemeindeebene (PDF, 1 MB)]] * [[https://www.bmf.gv.at/dam/jcr:ed8e01b7-b942-474a-a5fc-b2a762eeb487/KDZ_TU_Regionale_Versorgungsfunktion.pdf|KDZ u. TU: Bestimmung der regionalen Versorgungsfunktion von Gemeinden (PDF, 3 MB)]] ===== Rechungshof ===== * [[https://www.rechnungshof.gv.at/rh/home/home/Reformprojekte_Finanzausgleich.pdf|Reformprojekte im Rahmen des Finanzausgleichs - Bericht des Rechnungshofes (2021)]] > "Diese Aufeilung erfolgt bei den einzelnen Abgaben nach verschiedenen Gesichtspunkten wie Bevölkerungszahl, Steueraufommen, abgestufer Bevölkerungsschlüssel. Der Bundesgesetzgeber ist bei der Verteilung der Besteuerungsrechte und –erträge nicht völlig frei, sondern hat sich an dem in der Finanz–Verfassung festgelegten Sachlichkeitsgebot zu orienteren, wonach Regelungen in Übereinstmmung mit der Verteilung der Lasten der öffentlichen Verwaltung zu erfolgen haben und die Grenzen der Leistungsfähigkeit der Gebietskörperschafen nicht überschriten werden dürfen (§ 4 F–VG 1948). Nach der Rechtsprechung des VfGH stellt § 4 F–VG 1948 die Konkretsierung des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 7 Abs. 1 B–VG für den Bereich des Finanzausgleichs dar.103 Der Gestaltungsspielraum des zuständigen Gesetzgebers ist im Sinne der zu § 4 F–VG 1948 ergangenen Rechtsprechung des VfGH – und abgesehen von sonstgen Anforderungen durch den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 7 Abs. 1 B–VG – einerseits durch das Gebot einer sachgerechten Kooperaton in Form von Beratungen zwischen den betrofenen Gebietskörperschafen im Vorfeld der Gesetzgebung und andererseits durch das Gebot der Beachtung der Leistungsfähigkeit der gegenbeteiligten Gebietskörperschaf im Sinne des § 4 F–VG 1948 begrenzt. Ein den § 4 F–VG 1948 verletzender Fehler der Gesetzgebung liegt bei Einhaltung dieser Grundsätze dann vor, wenn > > * einzelne Bestmmungen zueinander in sachlich nicht rechtertgbarem Widerspruch stehen, > * von verfehlten Prämissen ausgegangen wurde oder > * die Interessen eines Partners geradezu willkürlich ignoriert oder missachtet wurden." ((https://www.rechnungshof.gv.at/rh/home/home/Reformprojekte_Finanzausgleich.pdf)) * [[https://www.rechnungshof.gv.at/rh/home/home/Der_abgestufte_Bevoelkerungsschluessel_im_Finanzausgleich.pdf|Der abgestufte Bevölkerungsschlüssel im Finanzausgleich - Bericht des Rechnungshofes (2016)]] > Verteilungskriterien, die sich am Ausgleich regionaler Unterschiede oder an den tatsächlichen Aufgaben und Leistungen der Gemeinden orientierten, wurden gar nicht oder nur unzureichend berücksichtigt. Ein strategisch konzeptives Grundgerüst im Rahmen des Finanzausgleichs fehlte ebenso wie klare Ziele für den abgestuften Bevölkerungsschlüssel. > Die durchschnittlichen Ertragsanteile je Einwohner (ohne Wien) betrugen im Jahr 2013 871 EUR (ohne Abzug des ehemaligen Landespflegegeldes). Rund zwei Drittel der Bevölkerung Österreichs (ohne Wien), die in 2.106 Gemeinden (89,5 % aller Gemeinden) lebten, erhielten weniger. 22 Gemeinden erhielten mehr als 1.157 EUR je Einwohner. > Insgesamt waren die Unterschiede vom niedrigsten zum höchsten Pro–Kopf–Betrag je Gemeinde beträchtlich: Die Spanne reichte von 653 EUR je Einwohner (Einwohner der Gemeinde Grambach) bis 2.189 EUR je Einwohner (Einwohner der Gemeinde Tweng). Vor allem die höheren Beträge streuten stark. (TZ 15) > Die aktuellen Zielsetzungen des abgestuften Bevölkerungsschlüssels waren aus den Finanzausgleichsgesetzen und den jeweiligen Gesetzesmaterialien nicht ersichtlich. (TZ 17) > Der aktuell gültige Finanzausgleich (FAG 2008) verfolgte auf mehreren Ebenen und durch mehrere vereinzelte Zahlungsströme das Ziel, die Finanzkraft auszugleichen. Der 30 %ige Unterschiedsbetrag zwischen Finanzbedarf und Finanzkraft nahm dabei im Vergleich zu Bedarfszuweisungen und laufenden Transfers eine untergeordnete Rolle ein. Er errechnete sich aus einem fiktiven Finanzbedarf, der lediglich die Finanzkraftunterschiede innerhalb eines Landes berücksichtigte. Dadurch wirkte der 30 %ige Unterschiedsbetrag nicht Ziele des abgestuften Bevölkerungsschlüssels finanzkraftausgleichend, sondern erhöhte aus gesamtstaatlicher Sicht sogar Finanzkraftunterschiede. Die Regelung des FAG 2008 verhinderte eine bundesweit effektive Allokation der dafür vorgesehenen Ertragsanteilsmittel, weil die Mittel in „Länder–Töpfen“ gebunden waren (= Besitzstandswahrung/Bestandsschutz). (TZ 19) > 21.1 In der Literatur und in einigen europäischen Ländern (bspw. Dänemark, Schweden, Norwegen, Schweiz) gewann das Prinzip der Aufgabenorientierung als zentrales Element einer Finanzausgleichsreform in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung. Im Gegensatz zum inputorientierten Ansatz steht bei der Aufgabenorientierung grundsätzlich der Output — also die Summe der Leistungen der Gebietskörperschaft — im Zentrum. Mischfinanzierungen und Transferverflechtungen sollten durch klare Zuordnungen zu Aufgaben zurückgedrängt werden. Kerngedanke einer aufgabenorientierten Reform ist, dass öffentliche Mittel dorthin fließen sollen, wo öffentliche Leistungen erstellt werden. ===== Medienspiegel ===== ==== Position der Konsensgruppe ==== * [[https://www.meinbezirk.at/zwettl/c-politik/gross-gerungser-buergerliste-erneuert-kritik-am-finanzausgleich_a4648928|Groß Gerungser Bürgerliste erneuert Kritik am Finanzausgleich ]] ==== Gegenpositionen (zB. von ÖVP Gemeindebund) ==== * [[https://salzburg.orf.at/stories/3105149/|ORF "Zweitwohnsitzabgabe: Erhöhung gefordert"]]